Die Gezeichneten by Unterholzner Georg

Die Gezeichneten by Unterholzner Georg

Autor:Unterholzner, Georg [Unterholzner, Georg]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783475541728
veröffentlicht: 2014-05-06T04:00:00+00:00


8

Ich bin müde vom Seufzen,

ich schwemme mein Bett die ganze Nacht

und netze mit meinen Tränen das Lager.

Mein Auge ist trüb geworden vor Gram

und matt, weil meine Bedränger so viele sind.

(Psalm 6)

Montag

Das Klingeln an der Haustür weckte mich.

Verdammt, schoss es mir durch den Kopf, konnte Ellis Vater nicht einfach aufschließen und in die Wohnung kommen, um seine Tochter zu wecken? Sicher hatte er einen Schlüssel, und ich war schließlich nicht sein Privatportier.

Ohne auf die Etikette zu achten, stieg ich aus dem Bett und ging in Unterhosen an die Wohnungstür. Die Klinke in der Hand, gähnte ich noch einmal ausgiebig, dann drückte ich sie und öffnete.

Vor mir stand der Inspektor und musterte mich verwundert von oben bis unten. Offensichtlich hatte er mit einem anderen Outfit gerechnet.

»Was ist mit Max?«, fragte ich.

»Mit dem geht’s aufwärts. Ich habe heute schon im Krankenhaus angerufen.«

»Super!« Endlich einmal eine gute Nachricht.

»Außerdem war ich gestern noch bei diesem Günther. Vom Krankenhaus bin ich direkt zu ihm hin gefahren.«

Ohne sich um meine spärliche Bekleidung zu kümmern, trat Huber über die Schwelle. Ich schloss die Tür hinter ihm.

»Der hat ein Alibi für gestern Nachmittag. Er war die ganze Zeit mit seiner Freundin zusammen, und sie hat seine Aussage bestätigt.«

»Er könnte sie dazu gezwungen haben«, meinte ich und kratzte mich am Hinterkopf.

»Möglich«, nuschelte Huber und steuerte in die Küche. »Könntest du mir vielleicht einen Kaffee machen? Ich bin seit zwei Stunden auf den Beinen. Im Klo am Hauptbahnhof hat sich ein junger Kerl den goldenen Schuss gesetzt.« Er ließ sich auf den erstbesten Stuhl fallen. »Ich kann mich an den Anblick der armen Schweine einfach nicht gewöhnen. Keine Ahnung, was im Hirn von jemandem vorgeht, der glaubt, er könnte seine Probleme mit ein paar Gramm weißem Pulver lösen.«

Huber streckte die Beine weit von sich und schüttelte den Kopf.

»Ist das nicht Sache des Rauschgiftdezernats?« Ich überlegte, wie viel Kaffee ich machen sollte.

»Freilich, aber ich habe die Kollegen gebeten, mich über die Vorkommnisse in der Szene auf dem Laufenden zu halten.«

»Warum?«

»Weil ich die Schnauze davon voll habe, im Trüben zu fischen«, sagte Huber trotzig.

Ich füllte Wasser in den Kessel und stellte ihn auf den Gasherd. Dann spülte ich die Kaffeekanne, in der noch Reste von gestern waren, holte einen Filter aus der Anrichte und kippte fünf Löffel Kaffeepulver hinein. Bis das Wasser kochte, sagte Huber kein Wort. Er musste sich erholen.

Ich deckte den Tisch für vier Personen, denn Ellis Vater würde sicher auch bald auftauchen. Es gab Brot, Butter und Marmelade. Zum Bäcker zu gehen, hatte ich keine Lust. Als Huber sich eine Zigarette anstecken wollte, bat ich ihn, es zu lassen, bis wir gefrühstückt hatten. Sogar Elli wartete mit ihrer ersten Kippe, bis ich etwas im Magen hatte.

Während ich Huber den Kaffee einschenkte, überlegte ich laut: »Ich glaub, dass es der Günther war. – Wer sonst? Der Günther hat dem Max versprochen, dass er ihm den Kinnhaken heimzahlt. Er war im Knast wegen Körperverletzung, und jeder weiß, wie jähzornig er ist.«

»Möglich. Auf das Alibi seiner Freundin gebe ich nicht viel.« Der Inspektor nahm vorsichtig einen kleinen Schluck aus der Kaffeetasse.



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